Der Mann mit der goldenen Gitarre

3KINGS gestern im Quasimodo. An diesem verregneten späten Dienstagabend sind in Charlottenburg natürlich höchstens noch ein paar arbeitsfreie Lebenskünstler und Touristen aktiv. Aber man kann notfalls ja nach dem schon ausreichend langen ersten Set zur vorletzten U-Bahn rennen und hat trotzdem ein rundum befriedigendes Konzerterlebnis gehabt. Mit Marlon Browden, der am Schlagzeug tobt, daß die Grooves nur so wirbeln – Jonas Hammond, der seinen fünfsaitigen elektrischen Bass quer durch alle Lagen zupft – und natürlich Jean-Paul Bourelly, der im Turbodurchgang die Läufe ins WahWah einspielt und dann auch wieder verhalten atmosphärische Harmonies rauslässt. Wahlweise auch verzerrt gejagged in bis zu viertelstündige Improvisationen. Deep Rhythm space eq’d.

Playing With Pink Noise

Die Ausnahmegitarristin Kaki King gestern live im Bang Bang Club. Ovationen von Open Tunings, schlagfertiges Fretslapping und Dan Brantigan bläst dazu abwechselnd EVI bzw. Trompete mit ordentlich Shmutz. Multitap-Delay-Orgien, daß die S-Bahn Brücke nur so wackelt und atemberaubende Fingerpicking Nummern, daß einem geradezu schwindlig wird. Klasse Konzert – wer es verpasst hat, guckt in die Tube.

Blurt! Means! Blurt!

Unter den Stadtbahnbögen 37&38 ist Livekonzert angesagt. Um 23 Uhr packt also Ted Milton sein Sax aus und intoniert zu repetiven Schlagzeugbeats/Gitarrenriffs seine unnachahmlichen manischen Voices. Langsam spielt sich die Band warm, aber kurz vorm Höhepunkt zeigen die anscheinend unvermeidbaren Schlückchen des Meisters aus dem Whiskyglas doch ihre Wirkung. Zwar schafft er es noch auf den Beinen zu stehen, aber für die erwartete Zugabe mit den Hits “The Fish needs a Bike” oder gar “My Mother was a Friend of an Enemy of the People” reicht dann wohl doch die Kraft nicht mehr. Ist aber auch schon ganz schön alt geworden, der Gute.

title=”Ted Milton by michfiel, on Flickr”

(Foto von 1985, aktuellere sind auf der Seite von david murobi zu finden)

Songs for iPod

Der WIRED-Artikelverweis hier lag noch auf der Festplatte von meinem MP3 Spieler und handelt von diesem virtuellen Plattenladen mit den komischen tanzenden Silhouetten. Und passenderweise wirklich intelligenten Wiedergabelisten, auf die wir alle gewartet haben:

Beck Songs, wo das Schlagzeug nicht so klingt, als würde ein Gürteltier mit Lustkugeln beworfen.
– Lieder von Tori Amos, bar jedes versteckten Hintersinns in den Lyrics.
Nick Cave Songs, welche nicht von Tod, Sterben und sonstigem Leid handeln.

Ich hätte da noch anzubieten:

– Reggae Stücke mit mehr als zwei Akkorden, die nicht dem Konsum von Marihuana huldigen.
– Punkrock Nummern mit mehr als drei Akkorden, wo der Schlagzeuger keinen vierviertel Takt trommelt.

Alles in allem auch ziemlich sinnlos. Jedenfalls, wenn man doch mal zufälligerweise Musik hören will. Aber dafür gibt es ja die Shuffle-Funktion.

Nelson Mandela Festival

Hier wollte ich eigentlich ein paar Fotos des furiosen Konzerts von Three Kings mit Jean Paul Bourelly reinstellen. Aber leider hat meine alte Digicam ihr Dateisystem nicht mehr so ganz unter Kontrolle. Deshalb also nur ein Link zur Veranstaltung, solange Multikulti wenigstens noch ein paar Wochen sendet. Die Seite des Meisters ist leider arg Shockwave verwirrstaltet, aber wer ihn nicht Live gesehen hat, wird sowieso kaum die Message nicht checken. Dann wollen wir mal hoffen, daß es beim nächsten Mal nicht ganz so doll regnet. Auf jeden Fall hat er uns mal wieder ganz gut die Ohren ausgepustet.

Musiktipp

Bei allen wichtigen und unwichtigen Sachen, die uns so tagtäglich verklickert werden, z.B. kurz vor der sportiven Großveranstaltung in ein paar Wochen im Reich der Mitte, solle man sich auch mal, ganz zwanglos, eine der drei fernöstlich philosophischen Denkweisen nähern. Zwar kommt die Band um Hugo Race eigentlich aus Australien und hat das Priesterhafte nur im Namen. Aber um sich mal von dem weltlichen Scheiß ganz entspannt zurückzuziehen und ganz einfach nur von Musik stoned zu werden, eignet sich diese Platte ganz vorzüglich. Flirrende Electronics, Mellotrons, Bläser und Bass, Drums, Gitarren – im Wok sanft erhitzt und perfekt abgemischt. Ist bestimmt auch gute Fickmusik.

Zwischen Wuhle und Havel

Jede Menge Open-Air Mucke dieses Wochenende. War alles von Ä bis ZZ dabei.
“Die beste Band der Welt”
hat sich ja eigentlich ca. 1988 aufgelöst, und geht mir auch mindestens schon so lange am A (ohne drei Punkte drauf) vorbei.
Letztere mit den Bärten sollen aber richtig Top gewesen sein, wie ich auch später aus verlässlicher Quelle erfahren habe. Thin Lizzy am selben Ort waren hingegen so schlecht, daß selbst P. Lynott beinahe postmortem zurück ins Koma gefallen ist.
An der Spree hinter der Kongresshalle dann am Sonntag dafür das Sahnehäubchen. Ich sag mal, Pflichtkonzert für uns eingebildete Partyintellektuelle.
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Die Sonne geht gerade unter, ein Polizeiboot schippert vorbei und Ceramic Dog legen los mit “Break on Through” von den Doors. Aber so richtig in der zeitgemässen Brachialversion. Wassermusik ist das Motto der Veranstaltung, und deshalb bekommen wir bald darauf auch “Caravan” (Duke Ellington) als Surfnummer dargeboten. Die Band routiniert perfekt im Zusammenspiel. Schräge Beats, trockene Bass-Linien und pulsende Moog Sounds. Dazu das Gitarrespiel des Maestro sowieso vom Feinsten. Als Zugabe kommt sogar die Funky Session richtig gut rüber. Mal wieder ein Konzert, was einen bestimmt ‘ne Weile in Erinnerung schwelgen lassen wird.

Jan Hus Musik Fest

jan_hus.jpgIm Soldiner Kiez ist ja nicht gerade die Bohème von Berlin-Mitte zuhause. Außer vielleicht, wenn einmal im Monat die Veranstaltung Kolonie Wedding stattfindet. Das Bier schmeckt auch nicht ganz so lecker wie in Tschechien und wer diesen Sonntagabend zur Stephanus-Kirche pilgerte, um Iva Bittová zu erleben, wurde wie zu befürchten war, mit einem Ersatzprogramm abgespeist. Einer von den auswärtigen Steinmeiers vom Zukunftsfond hatte die Portokasse zur Finanzierung des Flugtickets der Starviolinistin schon anderweitig verjubelt. Aber Marta Vávrová ist ja präsent. Am Anfang eher Singende Nonne-mäßig steigert sie sich über Wiegenliedern und Volksweisen bis zu klassischen Sachen (Bohuslav Martinů). Und wird von Peter Vasicek am Klavier begleitet, welcher dem ständig zwischendrin applaudierenden Pankower Volkshochschulpublikum dolmetscht und zum dargebotenen Repertoire die passenden Erklärungen gibt. Ganz netter Abend, wenn auch anders wie erwartet.